Vom Winde verweht...
Der routinierte Ablauf ist heute anders. Zwar stimmt alles bis zum Aufrödeln, dann aber bringt das komplizierte Überspielen der aktuellen Garmin-Route auf mein Navi diesen erheblich durcheinander. Der gewohnte Rundum-Check bleibt aus unerklärlichen Gründen auf der Strecke als wir gegen 10:00 Uhr den Platz verlassen.
ein letztes Foto vom Platz
Gleich nach dem Start befinden wir uns auf einer Schnellstraße, die ziemlich langweilig und öde ist. Ich kann mich nicht mehr erinnern, warum wir diese Strecke gewählt haben. Vielleicht wollten wir einfach nur ein bisschen Strecke machen. Jedenfalls sieht alles irgendwie gleich aus.
Strecke machen...
Gegen 11:20 machen wir unsere erste Pause. In einer ziemlich maroden Parkbucht halten wir an. Da wir heute doch zügiger auf Schnellstraßen unterwegs sind, will ich meine Helmkamera im Koffer verstauen. Da trifft es mich wie ein Schlag. Der Deckel des rechten Koffers ist offen und es durchfährt mich heiß und kalt. Sofort öffne ich ihn ganz und es bestätigt sich meine in Bruchteilen von Sekunden aufgekeimte Vorahnung...die Tasche mit den Speicherkarten ist weg.
Meine Knie werden weich und ich falle in ein tiefes Loch. Das einzige, was ich immer wieder laut vor mich hinrufe, ist "NEIN, NEIN, NEIIIIIIN!!!". Selten zuvor hat mich ein ideeller Verlust so sehr getroffen wie dieser. Alle schönen Pläne von einem perfekten Reisevideo platzen wie eine Seifenblase. In Millisekunden gehen mir tausend Gedanken durch den Kopf und ich beginne wie ein Schlosshund zu heulen.
Axel weiß gar nichts und ruft nur immer wieder, was denn los sei! Ich werde hysterisch und kann nicht mehr antworten. Mit vereinten Kräften durchsuchen wir nochmals beide Koffer. Vielleicht habe ich die Tasche ja woanders verstaut? Ich werde unsicher und kann mich nicht mehr daran erinnern. In meinem Kopf ist alles leer oder blockiert. Ich vermute, dass die Tasche durch den Fahrtwind aus dem Koffer gesogen wurde. Aber genau kann ich es nicht erklären, da sich der Kofferdeckel eigentlich nur einen Spalt von etwa 10 Zentimetern öffnen lässt. Vielleicht habe ich sie aber auch noch direkt auf dem Campingplatz verloren? Vielleicht hat sie jemand gefunden und an der Rezeption abgegeben?
Hier wurde der Verlust der Speicherkarten bemerkt
Ein paar Arbeiter, die unmittelbar neben uns hinter einem Zaum stehen, starren uns verwundert an und fragen sich sicher selber, was denn da vorne so abgeht.
Ich kann mich kaum beruhigen. Nur mit höchster Konzentration gelingt es mir eine Mail auf Englisch zu verfassen und an den Campingplatz zu schicken. Darin bitte ich inständig noch einmal unseren Stellplatz nach einer Kameratasche abzusuchen. Ich hatte es zwar sofort telefonisch versucht, aber leider war dort keiner ans Telefon gegangen.
Es nützt nichts, wir müssen weiter. Ich fahre wie in Trance hinterher, Bilder gibt es vom heutigen Tag keine, da ich einfach vergessen habe welche zu machen. Ich weiß auch nicht genau, was wir denn heute so an Highlights auf der Strecke hatten oder ob wir überhaupt an irgendetwas Sehenswürdigem vorbeigekommen sind.
Gegen 17:00 Uhr erreichen das Hotel Milano, das wir über booking.com gefunden haben. Das Hotel liegt mitten in der Stadt Pistoia und wir freuen uns auf ein bisschen Abwechslung und Trubel.
Endlich Antwort vom Campingplatz....ein klitzekleiner Hoffnungsschimmer taucht beim Lesen der Mail für eine Tausendstel Millisekunde auf, als ich lese "Our search for the bag was....." ............"not successful". Piffffff, Seifenblase geplatzt. Ich muss mich hinlegen und schlafe komatös sofort ein.
Es nützt ja nichts, das Leben geht weiter. Aber scheinbar nicht in Pistoia. Gegen 19:00 Uhr machen wir uns auf den Weg ins Zentrum. Alles tot hier...jedes Geschäft geschlossen oder schließt gerade.
Alles tot in Pistoia
Auf der Suche nach etwas Essbaren landen wir schließlich in einem Dönerladen. Toll...ein Döner in Italien ist genau das, was wir uns erhofft haben. Wir sitzen auf verrosteten Metall-Gartenstühlen an der menschenleeren Straße und sind mehr damit beschäftigt Wespen zu vertreiben als sich das Essen schmecken zu lassen.
Auf unserer weiteren Suche nach etwas Leben und Trubel finden wir noch einen Kiosk und ergattern ein letztes Bierchen. Es ist 20:00 Uhr als auch hier der Rollladen vor unserer Nase fällt.
Penner in Pistoia - könnte auch der Name eines Gemäldes sein
Wie die Penner sitzen wir vor dem Laden auf einer Holzbank, sinnieren vor uns hin und verköstigen das Bierchen. Gott, wie langweilig. Der Portier vom Hotel erwähnte zwar, dass sie eine Bar haben, diese aber geschlossen sei. Man würde uns aber Wein oder Bier aufs Zimmer verkaufen. Nicht gerade das, wonach wir gesucht haben. Und nu? Wir sehnen uns nach einem Campingplatz und bedauern, dass wir für das Hotel so viel Geld ausgegeben haben.
Insgesamt gesehen kein besonders zu erwähnender Tag. Ich glaube, es ist in unserem Urlaub das erste Mal, dass wir um 21:00 Uhr ins Bett gehen und das Licht löschen.
Garmin Tag 15
Statistik pro Person:
gefahren laut "Garmin": 316KM
Kosten für Benzin: 30,02 € (Liter Ø 1,90 €)
Übernachtung Hotel Milano:
40,50 €
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