Motorradtour bis ans Schwarze Meer

 

 

Vorgeschichte

Bereits vor 2 Jahren ließ unser Freund Micha den Satz los "einmal auf die Krim und ins Meer springen". Seitdem wuchs in uns die Idee, mit den Moppeds ums Schwarze Meer zu fahren. Dabei wollten wir den kleinen Fitzel Russland auslassen (wegen des ganzen Gedöns um die benötigten Papiere) und von der Krim mit der Fähre nach Georgien fahren.

Irgendwie klappte das dann aber aus den verschiedensten Gründen nicht. Immerhin wären das über 8.000 KM gewesen und zudem kamen dann auch noch die Unruhen auf der Krim hinzu. Also cancelten wir das Vorhaben erst einmal wieder.

Anfang dieses Jahres verdichtete sich bei uns die Idee aber wieder. Und nachdem wir erfuhren, dass unser Sohn mit seiner Verlobten im Juli in Sveti Vlas in Bulgarien direkt am Schwarzen Meer Urlaub machen wollte, entschieden wir uns für einen dortigen Familienbesuch mit den Moppeds. War zwar nicht die angestrebte "Schwarze-Meer-Umrundung", aber immerhin lagen etwa 11 Ländern vor uns, die es zu durchqueren hieß.

Für die Vorbereitungen der Routen und das Zusammensammeln aller fahrtechnischen Voraussetzungen war wieder Axel zuständig. Ich kümmerte mich mehr um die Hardware, wie die Besorgung von Warndreiecken (in der Türkei 2 pro Mopped vorgeschrieben), D-Schildern (Pflicht in Serbien) und das Auffüllen der Medikamententasche. Oder sollte ich lieber Koffer sagen? Ibuprofen, Talcid und Aspirin sowie Wirkstoffe gegen Montezumas Rache in Krankenhausgröße. Schließlich war man ja geplante 3 Wochen in fremden Ländern unterwegs und man hatte nicht wirklich viel Ahnung, was einen dort erwarten würde.

Reiseinformationen
Reiseinformationen

Nachdem Axel zum 4. Mal die geplanten Routen überarbeitet hatte, machten sich doch einige Befürchtungen breit, dass wir es im angestrebten Zeitfenster wahrscheinlich nicht schaffen würden. Nach reiflicher Überlegung ließen wir dann die Türkei außen vor. Immerhin hätte uns der Trip "zum Tee nach Istanbul" mit Stadtbesichtigung locker 4 Tage gekostet. Jetzt stellte sich immer noch die Frage, ob wir die Anreise nach Wien mit dem Autozug machen oder selber fahren wollten. Mit dem Zug zu fahren hatte den Vorteil, dass wir die Nacht durchfahren und am nächsten Morgen gleich weiterfahren konnten. Nach der Kostenrechnung für 2 Moppeds auf der Straße mit Benzin und mindestens 1 Übernachtung entschieden wir uns für die günstigere Variante des ÖBB-Autoreisezuges. Das Abenteuer konnte beginnen...

Freitag, 3. Juli 2015

Pünktlich zum Urlaubsanfang kam endlich der Sommer auch in Norddeutschland an. Beim Einchecken in Hamburg-Altona hatten wir um 18.00 Uhr noch locker 28 °C. Wir waren viel zu früh, da die Verladung erst um 19.45 beginnen sollte. Also nutzten wir die Zeit für ein Essen im gegenüberliegenden Restaurant.

Einchecken in Altona
Einchecken in Altona

Ein bisschen aufgeregt waren wir schon, als dann die Durchsage zur Aufstellung kam. Mir kamen Zweifel, ob wir wirklich mit den Moppeds auf die Transportfläche passten. Zuvor gesehene Videos in UTube waren auch nicht gerade aufbauend. Und ein vorher geführtes Gespräch mit einem Ténéré-Fahrer bestätigte, dass nicht wirklich viel Platz nach oben sei und man eigentlich bei großen Reiseenduros nur auf dem Tank liegend fahren könne.

Axel hatte dann noch die Idee, das ESA auf 1-Personen-Betrieb zu stellen, was wir auch taten. Trotzdem war ich immer noch skeptisch, wie wir "liegend" mit unseren Tankrucksäcken hätten fahren können. Kurzerhand nahm ich meinen Tankrucksack ab und sicherte ihn auf dem Soziusplatz. Da Axel wegen der Gepäckrolle diese Möglichkeit nicht hatte, pflanzte ich seinen kurzerhand auf meinen und befestigte beide mit einer Gepäckspinne. Dass das die beste Entscheidung war, zeigte sich kurze Zeit später beim Einfahren auf die Ladefläche.

Autoreisezug der ÖBB
ziemlich niedrige Durchfahrtshöhe

Als ich dann auf der Rampe stand und versuchte, den Ausführungen des Personals zu folgen, sah ich nur diese winzige niedrige Durchfahrtshöhe und war zeitgleich sicher, dass ich da hängenbleiben würde. Also legte ich mich auf den Tank und fuhr mit den Füßen paddelnd los. Der Klapphelm musste laut Anweisung geschlossen sein. Durch die unnatürliche Haltung drückte meine Jacke den Helm auch noch nach vorne, so dass eigentlich nur ein kleiner Sehschlitz nach unten blieb. Ich hatte keine Ahnung, wo und wie weit ich noch rollen musste. Der Versuch, den Kopf ein wenig zu heben, um zu schauen, wurde mit einem "Dong, Dong", etlichen Kratzern auf dem Helm und einen Schlag ins Genick bestraft. Und das nicht nur einmal.

Nach gefühlten 10 Minuten, nach 1 Stopp, um durchatmen zu können, erreichte ich hyperventilierend den für mich vorgesehenen Platz auf der Ladefläche. Die Frage nach dem Absteigen erübrigte sich, da es außer Sich-seitlich-nach-links-fallen-lassen keine Alternative gab. Schon wuselten etlich Leute um mich herum und sicherten mein Mopped. Jetzt nur noch die Tankrucksäcke in gebückter Haltung mit mindestens 2 "Dongs" abnehmen und sich auf dem Bahnsteig erst einmal gerade machen. Grüße an den Rücken. Ein leichter Anflug von Neid erfasste mich, als ich einen Chopperfahrer in aufrechter Haltung auf den Zug auffahren sah. Der verflog aber gleich wieder.

Stehhöhe im Autoreisezug
ziemlich niedrige Stehhöhe

Axel schien es nicht anders zu gehen. Das zeigte mir sein leicht gerötetes Gesicht, die tiefen Druckstellen der Brille auf dem Nasenrücken und die Schnappatmung. Er musste zudem noch einen Koffer abmachen, weil darin unsere Utensilien für die Nacht enthalten waren, die Tasche herausnehmen und den Koffer wieder anbauen. Durch den über den Soziussitz vergurteten Packsack kein leichtes Unterfangen und das alles in gebückter Haltung. Wir waren mehr als glücklich, dass wir diese Hürde geschafft hatten und sagten uns, dass es morgen nicht mehr so anstrengend werden würde, da wir ja relativ weit vorne standen. Vor uns befanden sich nur etwa 5 Moppeds... Gott sei Dank.

Wir hatten einen 6er-Liegewagen mit 4er-Belegung gebucht. Nichtsahnend, was uns erwarten würde. Unser Abteil fanden wir dann ziemlich schnell und waren einigermaßen erstaunt, wie schmal das Abteil doch war. Hier sollten 4 ausgewachsene Leute übernachten? Mit Gepäck und Klamotten? Oha...zum Glück hatten wir die beiden unteren Plätze reservieren lassen.Jedenfalls zogen wir erst einmal unsere Motorradsachen aus und verstauten sie auf den über uns befindlichen Liegen. Nachdem 2 Tankrucksäcke, Helme und Klamotten dort verteilt waren, kamen wir zum Schluss, dass eigentlich kein Platz mehr für weitere Mitfahrer vorhanden war. Es war höllisch warm im Zug und auf dem Flur liefen Leute hin und her und suchten ihr Abteil.

Uns irritierte etwas, dass in unserem Abteil nur 2 Flaschen Wasser und 2 Gläser standen, während in anderen Abteilen 3 oder 4, teilweise sogar 6 Flaschen mit Gläsern standen. Dann setzte sich der Zug auch schon in Bewegung... und wir waren immer noch alleine im Abteil. Wir bekamen mit, dass nebenan lauthals diskutiert wurde und irgendjemand mit österreichischem Akzemt eine etwas keifige Frau mit den Worten "Mäßigen Sie sich, gnädige Frau, mäßigen Sie sich..." zu beruhigen versuchte. Dass sich dort 6 Personen das Abteil teilen mussten und die Frau mit 2 Kindern sich über die "Überbelegung" beschwerte, erfuhren wir erst in Wien, denn unter den 6 Personen befand sich auch der nette Ténéré-Fahrer, mit dem wir uns in Hamburg unterhalten hatten. Hätten wir das gewusst, hätten wir ihm natürlich einen Platz in unserem Abteil angeboten.

Ich weiß nicht wieso, aber wir hatten scheinbar richtig Glück. Zwar zuckten wir noch einmal beim nächsten Halt am Dammtor-Bahnhof zusammen, als neue Fahrgäste dazustiegen und zwei kurz vor unserem Abteil verharrten, dann aber weitersuchten. Wir hatten das Abteil tatsächlich für uns. Was für ein Luxus...

Mittlerweile funktionierte auch die Klimanlage bestens und wir konnten uns in gemütlicher Atmosphäre auf unseren Urlaub einstimmen. Irgendwann gegen 0.00 Uhr machten wir das Licht aus und versuchten zu schlafen. Ziemlich schwierig bei dem Gerumpel auf den Gleisen, aber trotzdem haben wir wohl die eine oder andere Stunde geschlafen oder zumindest gedöst.

Gefahrene Bahn-Kilometer Hamurg - Wien: ca. 1.000

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