Über Nacht bis nach Wien

 

Wir hatten dem Zugbegleiter am Abend zuvor auf Nachfrage gesagt, dass wir gerne um 7.30 Uhr frühstücken möchten. Das klappte auch hervorragend. Allerdings bestand das Frühstück aus 2 pappigen Brötchen, 1 kleines Stückchen Butter und 1 (!) Miniportion Kirschmarmelade. Dazu gab es Kaffee. Ich hatte echte Mühe, die Butter und die Marmelade gleichmäßig auf 4 Hälften zu verteilen. Die Brötchen saugten den Belag sofort auf wie ein Löschblatt. Zum Glück konnte man dann beim Essen die sich am Gaumen festsaugende Pappe mit einem Schluck Kaffee wieder lösen.

Frühstück in WienFrühstück im Autoreisezug
 

Gegen 9.00 Uhr erreichten wir dann den Verladebahnhof in Wien. Damit wir in Fahrtrichtung die Waggons verlassen konnten, wurden diese vorher abgekoppelt und dann auf einen Nebengleis geschoben. Was wir dann aber so langsam realisierten, ließ uns fast verzweifeln. Die Waggons wurden einfach an einen bereits dort stehenden leeren Autozug angekoppelt....und plötzlich hatten wir nicht nur die 5 Moppeds aus Hamburg vor uns, sondern noch einmal 8 leere Waggons, die wir in liegender Haltung bis zur Laderampe durchfahren mussten. Schon das Aufsteigen auf das Mopped mit geschlossenem Helm in gebückter Haltung ging gar nicht. Kopf, Oberkörper und rechtes Bein in einer waagerechten Linie...das sah aus, als wenn wir Yoga machen oder für Bruce Lee-Filme trainieren wollten. Gibt bestimmt auch einen Namen für diese Figur. Jedenfalls schafften wir es irgendwie, den rechten Fuß auf die Sitzbank zu bekommen und sich langsam mit seichtem Gehüpfe in die liegende "Sitzposition" zu ziehen. Natürlich fehlten auch hier die "Dongs" nicht.

Dass wir nicht geübt in dieser Disziplin waren, zeigte sich daran, dass hinter uns bereits einige Maschinen brummten und auf unsere Weiterfahrt warteten.

Auch hier das gleiche Spiel wie in Hamburg. Keine Sicht, gefühlte 40 °C und Atemnot. Und sichtliche Erleichterung, als sich unter uns die stählerne Ladefläche nach 8 durchfahrenen Waggons in Beton verwandelte. Geschafft...reisefertig in Wien
Reisefertig

Wir wollten schnell raus aus Wien und auch aus Österreich. Allerdings hatten wir wenig Lust auf Mautgebühren und nutzten deshalb nicht die Autobahnen. War ja auch nicht mehr weit bis zur Ungarischen Grenze.Diese erreichten wir nach etwa 70 KM. Nach der Grenze besorgte uns Axel dann erst einmal eine E-Vignette, da wir auch Ungarn schnellstmöglich durchqueren wollten. In Österreich und Ungarn waren wir bereits einige Male gewesen und wollten hier jetzt keine Zeit verdödeln. Deshalb entschieden wir uns für die schnelle Variante auf der Autobahn.

Kauf der Vignetten
Kauf der Vignetten

Bei 38 °C war aber dann doch die eine oder andere Pause fällig, da die körpereigenen Wasservorräte zur Neige gingen. Auf einem Parkplatz, natürlich ohne irgendeinen Schatten spendenden Baum, sprach uns ein junger Mann an und wollte uns ein "original" I-Phone für 70,- € verkaufen. Ja, klaaar.... Als wir dankend ablehnten, gab sich dieser damit aber nicht wirklich zufrieden und bedrängte uns weiter. Nachdem wir ihm wortlos unser Desinteresse gezeigt hatten, indem wir Schutz vor der Sonne unter dem Dach des Imbisses suchten, kam der nächste und bot uns ein "original" Samsung S6 für 60,- € an. Nun reichte es uns, wir nahmen noch einen kräftigen Schluck aus der Wasserflasche und fuhren weiter.

Weiterfahrt bei 38 °C
Weiterfahrt bei 38 °C

Dann erreichten wir Budapest. Axel hatte einen schönen Punkt direkt an der Donau herausgesucht, an dem wir unsere nächste Pause machen wollten. Mir war schon beim Verlassen der Autobahn aufgefallen, dass Axel auffällig viel an seinem Navi herumspielte. Dass er dort "Candy Crush Saga" oder "Moorhuhn" spielte, bezweifelte ich. Also konnte irgend etwas nicht stimmen. Beim nächsten Stopp an einer Ampel fragte Axel mich, ob ich die Tour auf meinem Navi hätte. Als ich bejahte, bat er mich die Führung zu übernehmen. Wah??? Ich???? Meine Tourguide-Qualitäten entsprechen in etwa einem "mangelhaft" in der Schule. Trotzdem versuchte ich, uns möglichst reibungslos durch Budapest zu lotsen. Leider war aber an einer Kreuzung die vor uns liegende Straße gesperrt und ich mich musste mich entscheiden, ob wir nun rechts oder links abbiegen sollten. Ich entschied mich für rechts...böser Fehler, gaaanz böse.

Danach klappte nichts mehr. Ich versuchte, immer wieder zu dem angestrebten Punkt zu gelangen. Doch aufgrund eines Polizeieinsatzes waren alle Straßen, die wir hätten fahren können, gesperrt. Nach kurzer Abstimmung einigten wir uns auf "schnellsten Weg hier raus". Da ich das Navi nicht neu rechnen lassen wollte (weil es uns sonst wieder zu dem Waypoint an der Donau geschickt hätte), versuchte ich anhand des Screens zur Route zurück zu kehren. Doch auch das misslang, da wir uns auf einer 6-spurigen Hauptstraße befanden und nirgends links abbiegen durften, was aber zwingend notwendig war.

Aus der Not heraus riskierten wir es dann doch illegalerweise, setzten den Blinker und ordneten uns links ein. Die Ampel sprang um und alle Fahrzeuge setzten sich in Bewegung. Allerdings blockierten wir nun die nach uns kommenden Autos, da wir erst den Gegenverkehr durchlassen mussten. Was dann folgte, war ein durch 3.000 Tröten verursachtes Hupkonzert. Als dann auch noch eine Straßenbahn in ungebremster Fahrt auf uns zukam, verloren wir die Nerven und fuhren geradeaus weiter. Ja, mein Gott...man hätte ja auch mal Rücksicht auf Ausländer nehmen können. Ich war jedenfalls bedient.

Nach einer gefühlten Stunde im dicksten Verkehr waren wir dann endlich wieder auf der geplanten Route und konnten weiter. Beim nächsten Tankstopp erfuhr ich dann von Axel, dass keine einzige Route sauber importiert wurde und es keine Feindaten gab. Na, toll...

Später erreichten wir dann Debrecen, die zweitgrößte Stadt Ungarns und damit unser Etappenziel für heute. Leider hatte man die Juhe, in der wir übernachten wollten, "geklaut". Machte aber auch nichts, denn berauschend hatte diese im Internet nicht ausgesehen. Nach einer kurzen Suche im Navi fanden wir in 200m Entfernung die tolle Pension Minerva, wo wir sogar unsere Moppeds auf dem abschließbaren Hinterhof parken konnten. Zudem gab es in dem 2-geschossigen Gebäude sogar einen Aufzug. Das nenn ich Service. Was weniger gefiel war, dass wir am nächsten Morgen für eine zweite Tasse Kaffee zusätzlich zahlen mussten.

Den restlichen Abend nutzten wir für die Verkostung einer der riesigsten Pizzen, die ich jemals gesehen hatte, und dem Studieren des Roadbooks für morgen. Etwas später fanden wir dann auch heraus, dass aus irgendeinem Grund auf Axels Navi nur noch die West-Europa-Karten installiert waren. Der Supergau für einen Tourenguide. Was für ein Glück und die Rettung für unseren Urlaub, dass auf meinem Navi alle Karten vorhanden waren und alle Routen korrekt liefen. Am nächsten Tag entschlossen wir uns, die Navis und Headsets zu tauschen, damit Axel uns wieder wie gewohnt sicher entlang der Routen führen konnte.

Riesenpizza
Riesenpizza

Gefahrene Kilometer Wien - Debrecen: 478,1

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