weiter Richtung Serbien

 

Der erste Gedanke nach dem Aufwachen: bloß weg hier! Und das taten wir dann auch so schnell wie es ging. Die Sorge über einen möglichen Platten beim Durchfahren des Hinterhofs bestätigte sich zum Glück nicht. Und so machten wir uns um 7.30 Uhr auf zur serbischen Grenze.

Richtung Serbien
Richtung serbische Grenze

Etwa 5 Kilometer davor wurde Axel dann fast von einem Jeep von der Straße "geschossen". Wir fuhren wie immer versetzt, Axel vorne links, ich dahinter rechts, als ein Jeep im Überholverbot an uns vorbeizog und beim Wiedereinscheren Axel brutal schnitt. Na, da hättet ihr mal Axel erleben sollen. Wütend zeigte er dem Fahrer mehr als einmal die Faust, begleitet von langanhaltendem Hupen. Eigentlich kann man von Glück reden, dass nichts passiert ist. Das Adrenalin sorgte aber nun wenigstens dafür, dass wir richtig wach waren.

Über Nacht hatte es geregnet und sich empfindlich abgekühlt. Von den bisherigen Temperaturen über 30 °C blieben nur noch 15 °C über. Kurz vor der Grenze begann es zu nieseln und wir zogen uns nun zusätzlich auch noch Regenklamotten über.

Dann erreichten wir den kleinen Grenzübergang bei Oltomantsi. Da dort gerade Bauarbeiten stattfanden, stauten sich ein paar Autos zurück. Wir hatten aber Glück und konnten die Baustelle mit den Moppeds passieren. Am bulgarischen Grenzhäuschen dann die immer gleiche Prozedur: Papiere übergeben und Helm hochklappen. Alles normal, bis plötzlich ein Grenzer auf Axel zukam und ihn auf englisch fragte, warum er nicht in der Mitte der Fahrbahn fahren würde, sondern ganz links am Mittelstreifen. Ach du scheiße, dachte ich...der Bekloppte aus dem Jeep. Super, das konnte ja jetzt eigentlich nur noch Stress bedeuten.

Grenzbeamte
Diskussion mit den Grenzbeamten

Dank Axels souveräner und freundlicher Art gelang es ihm, dem Grenzer die Situation mit dem Versetztfahren verständlich zu machen. Auf das gefährliche Schneiden und die erhobenen Fäuste wurde zum Glück gegenseitig nicht weiter eingegangen. Mit einem leichten verschmitzten Grinsen ließ uns der Grenzer dann weiterfahren.

Dann standen wir den serbischen Grenzern gegenüber. Und wieder Papiere raus und Helm hoch, doch diesmal verschwand der Grenzer mit unseren Papieren in der Station. Wir warteten und warteten...und dann bekommt man mit einem Mal so ein komisches Gefühl im Bauch. Unruhe, Angst, Unbehagen...eigentlich schlecht zu beschreiben. Hatten wir was verkehrt gemacht? Fehlten Unterlagen? Alle möglichen Gedanken gehen einem da durch den Kopf. Nach etwa 15 Minuten kam der Grenzer dann wieder und übergab uns wortlos die Papiere. Ich verharrte, weil ich fest angenommen hatte, dass jetzt noch was kommt. Aber nix...wir konnten einfach weiterfahren. Manchmal bin ich wohl einfach zu überempfindlich.

serbische Grenze
serbische Grenze

Anschließend ging es weiter über einen einsamen Pass vorbei am Vlasinasee durch das gleichnamige wunderschöne Landschaftsschutzgebiet. Tolle Gegend, hin und wieder traf man freudig winkende Menschen, einzig die Straßen ließen mal wieder zu wünschen übrig. Auch hier gab es streunende Hunde und einer lief sogar hinter Axel her und es sah so aus, als wollte dieser Axel ins Bein beißen. Gut, ein kleiner Dreh am Gasgriff und die Sache hatte sich erledigt. Aber was ist, wenn man steht und einer dieser Hunde würde aus dem Gebüsch gerannt kommen? Hmm...

Hundeangriff
Angriff von links

Wir waren seit der Grenze noch durch keinen größeren Ort gekommen, hatten dementsprechend auch noch kein Geld wechseln können. Langsam wurde es auch Zeit, dass wir etwas aßen und die Tanks auffüllten. Irgendwo Richtung Leskovac lag eine kleinere Stadt auf unserer Route. Hier konnten wir zum Glück mit EC-Karte tanken und fanden nach langen Suchen und Hin- und Herfahren auch eine Wechselstube. Leider bot sich weit und breit keine Möglichkeit für ein Picknick. Also fuhren wir weiter.

Jetzt befanden wir uns auf irgendeiner Schnellstraße und kurzentschlossen verließ Axel diese bei nächster Gelegenheit. Unsere Mägen knurrten dermaßen, dass es schon fast schmerzte. Platz fanden wir abseits einer kleiner Straße unter einem großen Baum auf einer Holzbank, die direkt an einem Fluss stand. Das Rauschen des Flusses war angenehm, der Blick von Hang hinunter nicht. Dort lag alles, was man sich vorstellen konnte: Plastikeimer, Gestänge, Autoreifen, Müll ohne Ende. Wirklich schade...trotzdem hatten wir jetzt einen Platz gefunden und konnten endlich um 13.00 Uhr unser "Frühstück" einnehmen. Bifi mit Brot und Scheibletten und leckeren Kaffee...was auch sonst. ;-)

Kaffeepause am Fluss
Kaffeepause am Fluss

Gegenüber unserer Holzbank stand ein kleines Haus, dass eigentlich eher einer Bruchhütte glich. Die Fenster waren gesprungen und mit Tape verklebt, als Haustür diente ein alter Vorhang, auf dem Hof befanden sich riesige Säcke voll mit Plastikflaschen und wir zählten 6 Personen, die nach und nach neugierig zu uns rüberschauten und mit ihren Smartphones Fotos von uns machten. Und es dauerte auch nicht lange, da hielt vor uns ein Wagen und ein strahlender, kleinwüchsiger Mann sprach uns mit gebrochenem Deutsch an. Man konnte seine Freude in seinen Augen sehen, als er uns von seiner Zeit unter Tage in Gelsenkirchen erzählte und von seinen Frauen, die er damals hatte und schwängerte und dass er deswegen wieder nach Serbien zurückgekehrt wäre, weil er hier ja auch noch 2 Kinder von 2 Frauen hätte. Wir mussten schmunzeln... Wahrscheinlich hatte ihn jemand vom gegenüber liegenden Clan angerufen, dass hier 2 Deutsche Pause machen. Ich hatte den Eindruck, dass er überglücklich war, etwas auf Deutsch aus seiner Vergangenheit zu erzählen und auch stolz war, dass er die Sprache nicht verlernt hatte. Ein wirklich nettes Erlebnis für uns.

Mulmig wurde uns dann noch einmal, als eine Meute von etwa 6 Straßenhunden vorbeizog, uns beäugte und mit den BMWs so gar nichts anfangen konnte. Zwar schienen sie sich fürs Essen zu interessieren, aber die Moppeds flößten ihnen irgendwie Respekt ein und sie zogen weiter. Meinen Helm hatte ich jedenfalls schon fest als Verteidigungsmittel in der Hand...

Hundemeute
zieht Leine....

Ab hier wurde es dann straßentechnisch langweilig. Wenigstens waren die Temperaturen wieder auf annähernd 30 °C gestiegen und wir konnten die Regenpelle wieder verstauen. Es gab nichts zu berichten, nichts Tolles zu sehen. An einer Tanke machten wir erneut Pause, aßen ein Eis, füllten die Wasservorräte auf und dann ging es auch schon wieder weiter.

Auffällig waren hier die vielen unfertigen Häuser, die teilweise wie Neubauten aussahen, aber bei denen gleichzeitig schon wieder die Dächer zusammen gefallen waren. Teilweise waren sie auch bewohnt, aber die Balkone ohne Brüstung oder es waren alle Öffnungen mit Holz zugenagelt.

Neubauruine
Neubauruine

Dann lag der Kopaonik-Nationalpark vor uns. Teil des Kopaonik-Gebirges, dem größten Gebirge Serbiens mit einer Länge von 120 KM und einer Breite bis zu 60 KM. Wir fuhren eine wunderschöne Passstraße und hatten auf dem höchsten Punkt einen fantastischen Blick über das Gebirge.

Kopaonik Gebirge
Blick übers Kopaonik Gebirge

Die Passstraße führte uns geradewegs durch das Skigebiet von Kopaonik und hier lag ein Luxushotel neben dem nächsten. Aber alles war irgendwie ausgestorben. Hin und wieder standen irgendwo Autos, aber sonst sah man keinen Menschen. Hier in der Nähe sollte eine Herberge stehen, die Axel als Etappenziel für heute herausgesucht hatte. Allerdings entpuppte sich die Herberge als Skihütte und wir mussten uns etwas anderes für die Nacht suchen.

Schildkröten
Schildkröten gab es auch

Die Abfahrt aus dem Skigebiet entwickelte sich zum absoluten Highlight für heute. Traumhafte Aussichten, perkekt verlaufende Kehren, gute Straßenzustände... das machte richtig Spaß. Als wir das Ende der Passstraße erreicht hatten, war es schon nach 18.00 Uhr und wir hatten immer noch keine Bleibe. In der nächsten Stadt fiel uns dann ein Schild mit einem Bett und mit gekreuztem Besteck ins Auge, was eindeutig auf eine Pension oder auf ein Hotel hinwies. Und richtig, wir hielten am "Hotel Royal". Sah von außen sehr nett aus. Die Frage war nur, ob auch die Preise "königlich" waren und Axel verschwand erst einmal nach drinnen. Nach einer geraumen Zeit kam er mit einer aufgerüschten großen schlanken und zeigefreudigen Blondine wieder heraus. Minikleid mit riesigem Ausschnitt vorne und hochgepuschtem "Holz vor der Hütte", hinten ging der Ausschnitt bis zum Po. Dazu noch Highheels und für meinen Geschmack ein bisschen zu stark geschminkt. Das Alter war schwer zu schätzen durch die ganze Paste im Gesicht. Mir fiel fast die Kinnlade runter und ich verfolgte die beiden mit meinem Blick wie in Zeitlupe. Ich fragte mich, ob denn das Hotel Royal wirklich ein Hotel war und wohin die beiden nun wollten.

Hotel Royal
Axel verschwindet im Hotel Royal

Auch Axels Blick wirkte eher verwirrt. Ich nehme an, weil er nicht wusste, wohin er zuerst schauen sollte. Ich wurde schlagartig aus meinen Gedanken gerissen, als ein vorbeifahrender LKW seine Hupe beim Anblick der schönen Blondine voll aufriss. Man, hab ich mich erschrocken...

Es dauerte nochmal eine Weile, bis die beiden zurückkamen. Axels leichte Röte im Gesicht führte ich darauf zurück, dass er leicht ins Schwitzen gekommen sein muss... kein Wunder bei dem Anblick. Dann verschwand sie wieder im Inneren, Axel kam auf mich zu. Für 30,- EUR könnten wir hier übernachten, Essen gibt es auch noch. Ob er allerdings alles richtig verstanden hatte, wagte er zu bezweifeln, da eine Kommunikation in Englich nicht möglich war. Ich ging dann noch einmal hinein und fragte nach, aber so richtig verstanden hatte ich es auch nicht.

Das Zimmer war völlig ok und geräumig. Die Dusche tat gut und wir gingen wieder in die Gaststube und freuten uns auf ein kaltes Bierchen. Mit Händen und Füßen versuchten wir uns etwas Essbares zu bestellen. Dank Globetrotter-Bilderbuch bekamen wir dann auch leckeren Tomatensalat und Gegrilltes.

Grillteller
Essen und Zimmer waren völlig ok

Die Dame war wohl wegen ihrer Zeigefreudigkeit bestens bekannt, denn je später es wurde, desto mehr Männer fanden den Weg hierher. In der für uns wegen der Schrift nicht lesbaren Speisekarte war ganz hinten irgendeine sich wiederholende Show angekündigt. Sah so aus, als wenn die Dame ganz spezielle Auftritte geben würde. War uns aber auch egal. Wir hatten ein Bett für die Nacht und gut gegessen. Die Tatsache, dass wir frühstücken wollten, war allerdings der Dame nur schwer beizubringen. Zum Schluss verhandelten wir noch über die Uhrzeit. Wir wollten um 7.30, sie frühestens ab 9.00 Uhr. Geeinigt haben wir uns dann auf 8.00 Uhr und bezahlten den vereinbarten Preis... Axels letzter Kommentar dazu war dann: "Na, da bin ich ja mal gespannt..."

Gefahrene Kilometer Kyustendil - Raska: 328,9

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